Projektbeschreibung


Ausgangslage

Bedingt durch gesellschaftliche und technologische Entwicklungen gewinnt transdisziplinäres lebenslanges Lernen, das Verstehen von komplexen Systemen und die kreative Entwicklung von neuem Wissen zunehmend an Bedeutung. Das erfordert nicht nur didaktische und methodische Weiterentwicklungen im Bereich der Erwachsenenbildung, sondern bringt auch veränderte Anforderungen an Lernumgebungen und Lerninfrastrukturen mit sich. Über die Anforderungen an räumliche Umgebungen für Lernen und Innovation und den Einfluss räumlicher Eigenschaften auf Gesundheit, Wohlbefinden und Verhalten der NutzerInnen ist in technischen, human- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliches Wissen verfügbar.

So finden Erkenntnisse aus Humanwissenschaften wie der Medizin, der Verhaltensbiologie und der Psychologie über die Wechselwirkungen zwischen Menschen und Gebäuden mehr und mehr Eingang in die Architektur- und Bauforschung. Der Ansatz, Planungsentscheidungen auf Basis empirisch überprüfter humanwissenschaftlicher Erkenntnisse zu treffen, geht auf den Architekturprofessor Roger Ulrich und eine im Jahr 1984 von ihm durchgeführte klinische Studie[1][2] zurück. Das daraus entwickelte Konzept des „Evidence Based Design“ wurde in ersten Versuchen auch für die Planung von Schulen und Bildungsbauten aufgegriffen.

In der Bildungsforschung insbesondere im Bereich der Hochschulbildung gibt es ebenfalls eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Einfluss der Lernraumgestaltung auf den Erfolg von Bildungsmaßnahmen. Neben dem Lernerfolg sind dabei der Erhalt und die Förderung der Motivation und Kreativität, aber auch der Gesundheit von Lehrenden und Lernenden wesentliche Zielsetzungen. Durch die Integration von Hardware, Software und Design des physischen Raumes können Lehr- und Lernräume geschaffen werden, die Interaktion, Kollaboration und Kreativität fördern.

Für transdisziplinäre Themenstellungen in Forschung und Lehre, bei denen hochgradig heterogenes Wissen integriert werden muss, um systemische Probleme zu verstehen und Innovationen zu generieren, sind integrative und multidimensionale Räume notwendig. Das Konzept von „Innovation Spaces“ aus der Kreativitäts- und Innovationsforschung verbindet architektonische, soziale und kognitive Räume, mit dem Anspruch ko-kreative Prozesse zwischen Lernenden, Lehrenden, ExpertInnen und Stakeholdern zu ermöglichen.


Problemstellung

Das in verschiedenen Disziplinen vorhandene Wissen über die Anforderungen und den Einfluss räumlicher Eigenschaften auf Lernende und Lehrende wird derzeit jedoch isoliert voneinander betrachtet - ein Wissenstransfer ist ausständig. Gleichzeitig sind in der bestehenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung die spezifischen Anforderungen an Lern- und Innovationsräume im Weiterbildungsbereich kaum untersucht, obwohl bekannt ist, dass sich die Erwachsenenbildung erheblich vom Lernen von SchülerInnen im formalen Bildungssystemen unterscheidet.


Abbildung 1: Komplexe Mensch-Gebäude Wechselwirkung, eigene Darstellung nach Rashid / Zimring (2008)

Abbildung 1: Komplexe Mensch-Gebäude Wechselwirkung, eigene Darstellung nach Rashid / Zimring (2008)


Projektziele und Inhalte

Ziel des Projektes ist es, den Einfluss der Gestaltung von multidimensionalen Lern- und Innovationsräumen auf den Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen im Kontext aktueller gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen zu untersuchen. Dies erfolgt durch die Integration der wissenschaftlichen Expertise verschiedener Fachdisziplinen im Rahmen eines transdisziplinären Prozesses, anhand konkreter Fallstudien und unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder.

Der Fokus wird dabei zunächst auf die Konsolidierung der disziplinären Theorien und die kollaborative Entwicklung geeigneter Forschungsmethoden für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den räumlichen Eigenschaften von Lern- und Innovationsräumen und der Wirksamkeit und Kosteneffektivität von Weiterbildungs- und Innovationsprozessen gelegt.

In weiterer Folge werden auf Basis verfügbarer evidenzbasierter Forschungsergebnisse beispielhaft konkrete Anforderungen an die räumliche und bauliche Gestaltung identifiziert. Aktuelle und prognostizierte gesellschaftliche und technologische Entwicklungen wie zunehmende Internationalisierung, Digitalisierung, die Etablierung neuer Lehr- und Lernmethoden, etc. sollen dabei Berücksichtigung finden.

Eine weitere Zielsetzung des Projektes ist es, die Grundlagen und Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung und Weiterführung des interdisziplinären Forschungsfeldes und der initiierten department- und fakultätsübergreifenden Kooperationen zu schaffen.





[1] Ulrich, R. (1984): View through a window may influence recovery from surgery, in: Science, Heft 4647 (224) 27.04.1984, S. 420–421.


Zuletzt geändert: Dienstag, 9. April 2019, 08:32